Samstag, 28. Dezember 2019

Schneeverwehungen –
die leeren Seiten
in Mutters Tagebuch

*****

drifting snow –
the empty pages
in mother's diary


Dienstag, 24. Dezember 2019

Heilige Nacht –
warum wir gekommen sind
fragt uns der Barmann

*****

Holy night –
why did we come here?
the barman asks



Sonntag, 22. Dezember 2019

Freitag, 20. Dezember 2019

faded record sleeves
what to keep
and what to give away



My father died at the beginning of this year. He lived with us in the same house and loved music, “especially blues and jazz,” not that kind of music old people are used to listening to. He even chose the songs for his funeral ceremony.”

Dienstag, 17. Dezember 2019

leaves in the wind
I delete
my old contacts

*****

Blätter im Wind
ich lösche
meine alten Kontakte



Mittwoch, 11. Dezember 2019

class topper
she opens her beer
with a lighter

*****

Klassenbeste
sie öffnet ihr Bier
mit einem Feuerzeug



Freitag, 6. Dezember 2019

All I learned from  these endless debates about climate change and how to deal with it is the odd word “whataboutism”.

at the crossroad
of our illusions
a spit of snow

the other bunny

Mittwoch, 4. Dezember 2019

Donnerstag, 28. November 2019

charity gala —
the optimal temperature
to serve champagne




Charity events are not uncommon and a great way to raise awareness and donate to those who need the help, but how fortunate are those who can be more concerned with the temperature of a luxury, such as champagne versus real-life crisis like poverty and hunger. Of course, there’s nothing wrong with living a little and enjoying life, but the irony in this poem is a feature we have, in a way, become completely immune to.

(commented by Lori A Minor)

Montag, 25. November 2019

Mittwoch, 20. November 2019

unbeeindruckt
von den Jahren die uns
noch bleiben werden
der mächtige Nussbaum
den ein Fremder einst pflanzte



Samstag, 16. November 2019

alter Burgunder –
ich schaue der Fruchtfliege
beim Ertrinken zu

*****

old burgundy –
I watch the fruit fly
drowning

Haiku heute


Freitag, 15. November 2019

Donnerstag, 14. November 2019

Sonntag, 10. November 2019

weather-beaten
the fisherman
repairs his net

*****

wettergegerbt
der Fischer
repariert sein Netz



Freitag, 8. November 2019

erster Frost
wir grüßen uns
wie Freunde

*****

first frost
greeting each other
like friends



Samstag, 26. Oktober 2019

Mittwoch, 23. Oktober 2019

Träumereien

Als ich Kind war, wünschte ich mir zum Geburtstag eine Negerpuppe. Sie war tausendmal schöner als alle anderen.
Und wenn irgendwo das Wort "Zigeuener" fiel, war da sofort eine Sehnsucht nach Abenteuer, Gitarren und Pferdewagen.
Heute weiß ich natürlich, dass meine Träumereien weltfremd und sentimental waren. Aber da gab es das Lied von Alexandra ...
Tam ta ta ta ta tam tam ta
Nun, die Welt hat sich gedreht.
Es gibt neuerdings sogar zwei verschiedene Meinungen zum Thema "Menschenleben retten".

Schiffbruch
eine Möwe hadert
mit der Stille


Freitag, 18. Oktober 2019

Sternschnuppennacht …
die geheimen Wünsche
unserer Ahnen

*****

night of falling stars ...
the secret wishes
of our forefathers

Dienstag, 15. Oktober 2019

All-You-Can-Drink 
die Leichtsinnigkeit 
einer Fruchtfliege 

*****

All you can drink
the recklessness
of a fruit fly



Freitag, 11. Oktober 2019

Donnerstag, 10. Oktober 2019

Seenotrettung
das Hemd des Nachrichtensprechers
knitterfrei

*****

sea rescue
the newscaster's shirt
crease-proof


Dienstag, 8. Oktober 2019

Sonntag, 6. Oktober 2019

Freitag, 4. Oktober 2019

Freitag, 13. September 2019

Erntemond –
eine streunende Katze
sucht den Futternapf

*****

harvest moon
a stray cat
scrounging for food



Mittwoch, 11. September 2019

back home —
the widespread arms
of a scarecrow


This haiku captures the moment of return to one’s home. Oh, to have widespread arms to
welcome one back! The joy of that image quickly turns in the last line to one of pathos. Instead
of the arms of a loved one, here are the arms of a scarecrow. This decidedly autumn haiku
leaves us with a tinge of loss or perhaps, some longing. Isn’t there anyone else to welcome the
poet back home? On another level, in many countries where the crop is scarce (and so are
resources), the scarecrow is an important part of the farm. To come back to the reassuring form
of the duty-bound scarecrow in a farm, may not be a bad thing at all!

Geethanjali Rajan
Haiku Editor

Montag, 9. September 2019

im Nebel verborgen
nur einen Steinwurf
von meinem Haus entfernt
der verwilderte Weg
den ich nie gegangen bin



Freitag, 6. September 2019

Spätsommerhitze –
die zerzauste Amsel
verliert ihre Scheu

*****

late summer heat –
the ruffled blackbird
loses its shyness

Dienstag, 3. September 2019

Freitag, 30. August 2019

Mittwoch, 28. August 2019

Freitag, 23. August 2019

ferner Horizont –
die blaue Linie
auf dem Schwangerschaftstest

*****

distant horizon –
the blue line
on the pregnancy test



Freitag, 16. August 2019

verblühter Flieder
und auch die langen Tage
sind bald Geschichte –
wenn ich recht überlege
könnte auch ich nun gehen

Einunddreißig

Traditionell gilt in der japanischen Dichtung der Herbst als Jahreszeit des Abschieds und der Veränderung. Mit seinen fallenden Blättern, den bunten Farben und der bevorstehenden Erstarrung des Winters erscheint dies nachvollziehbar.
Trägt man eine solche klassische Erwartung im Hinterkopf, erscheint Eva Limbachs Tanka eher überraschend. Betrachtet man anhand der beobachteten Umgebung die jahreszeitliche Verortung, ist es mit der Fliederblüte in der Regel bis Anfang Juni meist vorüber. Mitten im Sommer trägt die eher depressive Stimmung des Texts etwas befremdlich in sich. Auch wenn der Herbst noch weit entfernt ist, scheint er schon seinen Schatten auf das innere Befinden des lyrischen Ichs vorauszuwerfen. Man mag sich fragen, weshalb dem Betrachter in der sommerlichen Umgebung gerade der "verblühte Flieder" ins Auge fällt? Es sind wohl nicht so sehr die äußeren Veränderungen, die diese Stimmung hervorrufen, sondern die Ahnung davon, was nun noch folgen wird. Dies zeigt sich in der Fortsetzung "und auch die langen Tage / sind bald Geschichte", die – auf keiner unmittelbaren Beobachtung beruhend – schon in die Zukunft verweist.
Letztendlich scheinen  die eingetrockneten, nicht mehr besonders ansehnlichen Blütenstände des Flieders und die Ahnung kürzer werdender Tage sinnbildlich für das eigene herannahende Altern zu stehen. Treffender könnten unter diesem Blickwinkel die letzten beiden Zeilen kaum lauten als "wenn ich recht überlege / könnte auch ich nun gehen".
Vielleicht spricht hier eine diffuse Angst, die Zukunft würde weniger Lebens- und Erlebenswertes bereithalten als die vorangegangene Zeit. Zumindest ist diese Erkenntnis noch vorsichtig im Konjunktiv "könnte" formuliert und bleibt vorerst ein Gedankenspiel.

Kommentar: Tony Böhle

Donnerstag, 15. August 2019

Dienstag, 6. August 2019

Marathonlauf –
ein Mädchen am Straßenrand
zupft Blütenblätter

*****

marathon race –
a girl at the roadside
plucks flower petals